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BETREIBERWECHSEL: WARUM IST § 613A BGB BEI EINER MIETVERTRAGSÜBERNAHME WICHTIG?



In unserer betrieblichen Praxis werden wir sehr oft vom Eigentümer einer Hotelimmobilie mandatiert, für eine noch in Betrieb befindliche Hotelimmobilie einen neuen Betreiber zu finden und den Eigentümer in diesem Zusammenhang auch beim Abschluss des neuen Miet- oder Pachtvertrages zu begleiten und zu beraten. Oft handelt es sich um einen Vertrag, dessen Auslaufen kurz bevorsteht und den der Eigentümer nicht verlängern möchte. Einige Male standen wir auch vor der Situation, dass der Betreiber den Vertrag nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und der Eigentümer eine Vertragskündigung erwägt bzw. plant.

AUCH EIN GEPLANTER VERKAUF DER IMMOBILIE IST HÄUFIG ANLASS FÜR EINEN BETREIBERWECHSEL

Klassisches Motiv eines Betreiberwechsels für den Eigentümer ist es, hierdurch einen langfristigen wirtschaftlichen Vorteil z. B. über eine höhere Miete/Pacht zu generieren oder einen „stärkeren“ und investmentfähigen Betreiber zu gewinnen (z. B. weil die Immobilie am Markt platziert werden soll). Insofern geht ein solcher Betreiberwechsel meist mit einer Änderung der Marke und/oder des Betriebskonzeptes einher, was nahezu immer mit Aufwand und Kosten verbunden ist.


Und schlussendlich werden wir auch zukünftig noch mehr Owner-Operator-Situationen sehen, bei denen bisher vom Eigentümer geführte Betriebe lediglich im Betrieb des Hotels auf einen neuen Betreiber übergehen.


In all solchen Fällen ist früher oder später § 613a relevant. Doch was besagt dieser? Für die nachstehenden Ausführungen haben wir Rechtsanwalt Dr. Chäremon Rödel aus Potsdam eingeladen, seine fachjuristische Expertise einzubringen.


§ 613A BGB IST EINE SCHUTZVORSCHRIFT FÜR ARBEITNEHMER ...

Verkürzt gesagt gehen Rechte und Pflichten aus bestehenden Arbeitsverträgen beim Übergang eines Betriebes oder Betriebsteiles qua Rechtsgeschäft (also u. a. auch in den oben beschriebenen Szenarien) auf den neuen Inhaber = Betreiber über. Ein Betriebsübergang führt also zu einem gesetzlich angeordneten automatischen Wechsel des Arbeitgebers, mit dem das Arbeitsverhältnis fortbesteht.


Der bisherige Betreiber sowie der neue Betreiber haften dabei grundsätzlich für 12 Monate gesamtschuldnerisch für die Ansprüche des Arbeitnehmers, wenn die Ansprüche des Arbeitnehmers vor dem Betriebsübergang entstanden sind und diese Ansprüche innerhalb eines Jahres nach dem Betriebsübergang fällig werden. Die gesamtschuldnerische Haftung gilt nur, wenn der bisherige Betreiber weiterhin existiert und nicht durch Umwandlung erloschen ist. Das minimiert in der Praxis die Fälle der gesamtschuldnerischen Haftung.


Kündigungen wegen eines solchen Übergangs sind rechtlich unzulässig. Das bedeutet, dass der Betriebsübergang im Zusammenhang stehen darf, jedoch müssen andere Gründe für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses tragend sein, so zum Beispiel eine erforderliche Umstrukturierung der Arbeitsplätze. Den neuen und alten Betreiber treffen umfassende Informationspflichten gegenüber dem Arbeitnehmer. Das Bundesarbeitsgericht stellt dabei hohe Anforderungen an ein fehlerfreies Informationsschreiben. 

Bisheriger und neuer Betreiber haften unter bestimmten Voraussetzungen 12 Monate für die Ansprüche des Arbeitnehmers.


Dr. Chäremon Rödel:


„Im Fall einer Verletzung dieser Informationspflicht ist der Arbeitnehmer zu Schadensersatzansprüchen berechtigt.“

RA Dr. Chäremon Rödel

… MIT UMFANGREICHEN FOLGEN FÜR DEN NEUEN BETREIBER

Im Ergebnis entstehen vor allem für den neuen Betreiber komplexe und vor allem wirtschaftlich relevante Fragen und Folgen: Auch wenn der neue Betreiber in der aktuellen Situation eines Mangels an Fachkräften grundsätzlich häufig Interesse an der Übernahme der Arbeitnehmer hat, möchte er dies jedoch zu seinen eigenen üblichen Vertragskonditionen tun und den Auswahlprozess des Personals nach eigenen Kriterien steuern. Beim Übergang eines bisher vom Eigentümer geführten Betriebes auf einen neuen Betreiber will dieser in der Regel eine vollständige und endgültige Lösung von den bisherigen betrieblichen Pflichten ohne Nachhaftung o. ä..

WIE KANN MAN PRAKTISCH UND VERTRAGLICH DAMIT UMGEHEN?

Dazu noch einmal Dr. Chäremon Rödel:


„Die Vorschrift des § 613a BGB ist ähnlich wie § 566 BGB („Kauf bricht nicht Miete“) eine soziale Schutzvorschrift und daher vertraglich nicht abdingbar. Deshalb sind alternative Lösungen für ein zufriedenstellendes Ergebnis im Sinne der Intentionen des neuen Betreibers zu suchen.“


Die einfachste Lösung – vor allem heute angesichts des Fachkräftemangels - ist es, wenn sich bisheriger und neuer Betreiber partnerschaftlich über den Übergang der Arbeitsverhältnisse einigen. Dies setzt jedoch voraus, dass das Verhältnis zwischen Eigentümer und bisherigem Betreiber nicht gestört ist und der bisherige Betreiber ein grundsätzliches Mitwirkungsinteresse am Übergang hat, was nicht immer der Fall ist. 


In manchen Fällen versucht der neue Betreiber durchzusetzen, dass der Eigentümer und Vertragspartner des bisherigen Betreibers ihn hinsichtlich des § 613a von Nachforderungen aus dem bisherigen Miet- oder Pachtvertrag freistellt. Ein aus Sicht des neuen Betreibers einfacher und nachvollziehbarer Ansatz, welcher jedoch mit den Interessen des Eigentümers nahezu nie konform geht. In unserer Praxis haben wir noch keinen Vertragsabschluss begleitet, bei dem dies umgesetzt wurde

WEITERE KREATIVE LÖSUNGSANSÄTZE SIND MÖGLICH

Dr. Chäremon Rödel formuliert das so:


„Da § 613a zwingendes Recht und daher vertraglich nicht abdingbar ist, wäre eine Haftungserweiterung des bisherigen oder neuen Betreibers zugunsten des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag denkbar. In diesem Fall obliegt es dann dem Arbeitnehmer selbst, auf die Haftung des alten oder neuen Betreibers entsprechend einer Vereinbarung teilweise oder vollständig vor oder nach dem Betriebsübergang zu verzichten. Ebenso wäre es auch denkbar, bereits den Mietvertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter auszugestalten.“

DIE DAUER VON CAPEX-MASSNAHMEN SIND BEIM BETRIEBSÜBERGANG EBENFALLS ZU BERÜCKSICHTIGEN

Nahezu immer sind zum Zeitpunkt eines Betreiberwechsels zudem haustechnische Anlagen am bzw. nahe am Ende ihrer gewöhnlichen Nutzungsdauer angelangt und würden während der Vertragsdauer des neuen Mietvertrages ohnehin ersetzt werden müssen. Unter Berücksichtigung dessen und mit Blick auf die gerade in den letzten Jahren deutlich gestiegenen Anforderungen an Energieeffizienz auch eines Hotelgebäudes besteht somit häufig ein beachtlicher CapEx- Bedarf in der Immobilie selbst. Es liegt also aus Eigentümersicht nahe, sämtliche im Zuge eines Betreiberwechsels notwendigen Maßnahmen mit diesen Themen zu bündeln, um die Immobilie insgesamt fit für den nächsten Nutzungszyklus und gleichzeitig für den neuen Betreiber zu machen. Vor allem die CapEx-Maßnahmen nehmen häufig - besonders wenn es behördlicher Genehmigungen bedarf - 12 Monate oder länger in Anspruch.


In unserer bisherigen Praxis war der anwaltliche Rat in solchen Fällen häufig, den Übergang so zu strukturieren, dass zwischen formaler Schließung des alten Betriebes und der tatsächlichen Wiedereröffnung durch den neuen Betreiber in Anlehnung an die Periode der gesamtschuldnerischen Haftung von bisherigem und neuem Betreiber gem. § 613a mindestens eben diese 12 Monate liegen

Frühzeitiges Handeln und fachlich versierte Beratung ist notwendig.

Detlef Kaiser | K:22 Hotelberatung GmbH

Wie immer stehen praktikable Lösungen im Mittelpunkt unserer Arbeit. Diese sollten dabei so gestaltet sein, dass - im Rahmen gesetzlicher Möglichkeiten – eine größtmögliche Flexibilität für den neuen Betreiber hinsichtlich der zukünftigen betrieblichen Strukturen erhalten bleibt und auch der Betreiber Sicherheit beim Vertragsabschluss gewinnt. Grundsätzlich gibt es dazu bereits gute und praktisch erprobte Ansätze. Wichtig ist jedoch vor allem, das Thema Betriebsübergang nicht stiefmütterlich zu behandeln und bereits in einem frühen Stadium der Geschäftsanbahnung im Blick zu haben.


Wir als K:22 Hotelberatung und Dr. Chäremon Rödel aus Potsdam stehen gerne als Ansprechpartner in einem solchen Fall zur Verfügung.

Hinweis: K:22 verfügt über Erfahrungen und praktische Kenntnisse aus bereits abgeschlossenen Mandaten, welche wir als Lösungsansätze oder Formulierungsvorschläge in ein bestehendes Mandat einfließen lassen können. In jedem Falle kann und darf K:22 jedoch keine juristische oder steuerliche Beratung leisten. Die Begleitung eines Vertragsabschlusses ohne eine solche Begleitung empfehlen wir ausdrücklich nicht und würden hierfür auch grundsätzlich nicht zur Verfügung stehen. Von Vorteil ist, dass K:22 aus der langjährigen Praxis erfahrene externe Juristen kennt und diese dem Auftraggeber empfehlen kann; eine solche Empfehlung erfolgt selbstverständlich ohne jegliche Rückvergütung o. ä. für K:22. 

Autor: Detlef Kaiser  |  Januar 2024

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