Was für ein Jahresauftakt.
Die Zahlen der Betreiber im deutschen Hotelmarkt sind mehrheitlich mehr als erfreulich:
B&B
hat das beste Geschäftsjahr der Firmengeschichte verzeichnet (Umsatz: EUR 300 Mio. 2022 im Vergleich zu EUR 218 Mio. im Jahr 2019),
Premier Inn schreibt bessere Zahlen als 2019 und
zahlreiche Hotelketten sind erneut auf Expansionskurs. Der Tourismus erholt sich nach zwei Jahren Pandemie wieder: In 2022 lagen die Übernachtungszahlen in Deutschland mit mehr als 450 Mio. Übernachtungen nur noch rund 9 Prozent unter denen von 2019. Gleichwohl lag die Anzahl der Übernachtungen um 8,6 Prozent über dem Mittel der letzten 10 Jahre.
Quelle: Destatis, eigene Darstellung K:22 Hotelberatung GmbH
Insbesondere die Nachfrage nach Longstay ist gestiegen und das Serviced Apartments-Segment konnte seine Marktanteile katalysiert durch die Pandemie deutlich ausbauen. Betreiber wie
STAYERY blicken mit Auslastungszahlen von über 85 Prozent über alle Standorte auf ein überaus erfolgreiches Geschäftsjahr zurück. Das Segment hat sich als feste Größe in der Hospitality-Branche etabliert und ist insbesondere als Ergänzung zu „klassischen“ Hotelkonzepten nicht mehr wegzudenken. Mit hohem Digitalisierungsgrad, verhältnismäßig geringen öffentlichen Bereichen und einer schlanken Personalstruktur bewiesen Serviced Apartments eine hohe Krisenresistenz: Und die operativen Kosten des Betriebs liegen wesentlich unter denen eines klassischen Hotelprodukts. Durch den weitgehenden Selbstversorgungscharakter der Gäste in den Häusern können sich Betreiber zumindest teilweise der akuten Herausforderung des Personalmangels entziehen.
Auf der Angebotsseite herrscht jedoch weiterhin recht düstere Stimmung - vor allem bei den Investoren. Dies hat multikausale Ursachen, die sich teilweise überlagern, aufheben oder gar verstärken. Das einfache „Wenn/Dann“ - so es dies vorher gab - hat ausgedient.
Die Konsequenz für Investoren, Eigentümer und Entwickler: Wir prognostizieren mittelfristig keinen deutlichen Preisrückgang, sondern erwarten bei steigender Produktqualität eher stagnierende bis leicht weiter steigende Preise im Neubausektor. Hält man sich vor Augen, dass bereits während der Pandemie kaum neue Projekte aufgelegt wurden, erwarten wir spätestens in 2024/ 2025 durchaus eine Produktknappheit - was in der Vergangenheit erfahrungsgemäß stets preistreibend wirkte. Die Erwartungen deutlich steigender Mieten/Pachten werden durch die Betreiber nicht erfüllt werden können -
die Renditen für Investoren werden unseres Erachtens bestenfalls gehalten, jedoch keinesfalls deutlich und adäquat zum Zinsniveau steigen, wenn dies auch derzeit prognostiziert wird.
Insbesondere für Bestandshalter hat sich in der Vergangenheit die Frage gestellt, was mit jenen Immobilien passiert (egal ob Bestandshotels oder z. B. Büroimmobilien), welche einen höheren CAPEX-Bedarf oder Leerstand aufweisen. Oftmals war die Antwort relativ einfach: verkaufen. Doch die steigenden Zinsen machen es zunehmend unattraktiv für potenzielle Käufer, die geforderten hohen Kaufpreise zuzüglich der Kaufnebenkosten zu zahlen. Hinzu kommt das in vielen Fällen hohe CAPEX-Investment, um die Immobilie zu revitalisieren. Nicht zuletzt wird dieses durch die gesteigerten Anforderungen aus ESG-Regularien auch bei Bestandsimmobilien erhöht. Buchverluste werden keine Seltenheit sein und dürften teilweise im Verkaufsfall auch tatsächlich realisiert werden. Letzteres wird vor allem dann geschehen, wenn es Druck auf Seiten der Verkäufer von der Kapitalseite gibt. Alle anderen werden Immobilien eher im Bestand behalten und versuchen, diese zu optimieren. Hier schlägt die Stunde der Bestandshalter und Assetmanager.
Ist das in Frage kommende Objekt grundsätzlich für eine Beherbergungsnutzung hinsichtlich der Anbindung, Mikrolage und Gebäudestruktur geeignet, kann sich eine entsprechende
Konversion von Teilflächen oder des Gesamtobjekts lohnen. Vor allem, wenn die Immobilie bereits am Ende des Lebenszyklus angelangt ist und Investments in die TGA, Objektqualität etc. ohnehin getätigt werden müssten. Warum nicht also die Chance nutzen und im Rahmen der Restrukturierung die Immobilie fit für den nächsten Lebenszyklus machen?
Longstay-Konzepte punkten durch hohe bauliche Flexibilität
Insbesondere die Longstay-Betreiber sind mit ihren modularen Konzepten hinsichtlich der Apartmentgrundrisse und Gestaltung der öffentliche Bereiche gut für dieses Szenario aufgestellt und können mit vielen baulichen Herausforderungen und Flexibilitätserfordernissen umgehen. Dadurch stellen auch kleinere Flächen ab rd. 1.500 m² - 3.000 m² für diese Konzepte keine unüberwindbare Hürde mehr dar, die für Hotelketten keine rentable Fläche bieten. Die Geschäftsmodelle der Serviced Apartment-Betreiber variieren zwar in ihrer Ausgestaltung und hinsichtlich ihrer Expansionsprofile teils stark, lassen jedoch auch kleinere Häuser ab bereits 30 Einheiten wirtschaftlich attraktiv bewirtschaften (bei einigen Konzepten teils auch noch geringer, sofern das Angebot öffentlicher Flächen zusätzlich minimiert wird). In der Konsequenz bieten ein flexibles sowie flächeneffizientes Raumprogramm auf planerischer Seite und ein schlankes, digitales Konzept mit geringen Personalkosten gegenüber der Hotellerie auf operativer Seite im Vergleich eine höhere Pachtzahlungsfähigkeit. Doch auch hier gilt: diese mögliche Summe ist nach oben limitiert, wie auch die Zahlungsbereitschaft der Gäste für den Aufenthalt limitiert ist.
Dennoch bietet diese junge Nutzungsart einen hervorragenden Ansatz, um (Teil-)Flächen zu revitalisieren und synergetisch in einen neuen Lebenszyklus zu bringen. Die Vorteile gegenüber anderen Assetklassen liegen dabei auf der Hand: langfristige Mietverträge, eine Wertsicherung durch Indexierung und in vielen Fällen eine Reduktion des Verwaltungsaufwands. Die Zielgruppe für dieses Segment wird zukünftig weiter wachsen, da sie die fundamentalen Veränderungen im Arbeits- und Reiseverhalten gezielt nutzt, um neue Bedürfnisse zu stillen.
Da Neubau de facto ausscheidet, (Hotel-) Bestandsobjekte hart umkämpft werden und Konversionen damit noch stärker in den Fokus rücken, bleibt noch eine weitere Möglichkeit des Wachstums für die Hotel- und Serviced Apartment-Betreiber: Übernahmen anderer Betreiber. Perspektivisch erwarten wir einen
Zuwachs der M&A-Prozesse am Markt und eine
stärkere Konsolidierung. Insbesondere der Apartmentmarkt ist in großen Teilen derzeit noch in privater Hand und bietet Potenziale für Betriebsübernahmen. Vor allem kleinere Betreiber, welche zwischen 3 und 10 Häuser betreiben, rücken zunehmend in den Fokus der expandierenden Brands. Doch auch dies ist mit zentralen Parametern verbunden:
In vielen Gesprächen stellen wir fest, dass sich hier der
Wettbewerb um attraktive Betriebsgesellschaften bereits weiter verschärft hat. Die große Konsolidierungswelle, die auch zu Beginn der Pandemie bereits erwartet wurde, wird jedoch aller Voraussicht nach auch jetzt in naher Zukunft nicht eintreten.
Wir beobachten in der Konsequenz unterschiedliche Entwicklungen am Markt:
Die vorgenannten Entwicklungen führen dazu, dass
perspektivisch (auch in den kommenden Jahren) weniger neues Investmentangebot auf den Markt kommt. Die Betreiber haben einerseits großen Expansionsdrang und können andererseits nicht so expandieren, wie gewünscht, da sich das Angebot an geeigneten Flächen stark verknappt hat. Die Lösung dafür liegt in den Beständen – werden hier die entsprechenden Investments getätigt, können Immobilien fit für den nächsten Zyklus gemacht werden und ihren Wert erhalten oder sogar steigern. Somit bieten moderne Beherbergungskonzepte einen attraktiven und rentablen Ansatz für Bestandshalter, um unterschiedlichste Nutzungen in den Innenstädten weiterzuentwickeln.
Autor: Oliver Kaiser | März 2023