Schaut man auf die deutsche Investmentlandschaft, zeigt sich schnell das Nischendasein von Hospitality Assets. So lag im ersten Halbjahr 2023 das Transaktionsvolumen bei rund 390 Millionen EUR (-50 Prozent zum Vorjahreszeitraum, Vergleich Büro: 3,2 Mrd. EUR) - das war das schwächste Halbjahr seit zehn Jahren. Dem entgegen steht eine größtenteils absolut stark performende und expansionswillige Betreiberlandschaft. Der Tourismus und die Reiselust sind endgültig zurück und die Zahlen sprechen für sich: mit mehr als 47 Millionen Übernachtungen im Mai dieses Jahres* wurde das Ergebnis des Mai 2019 um mehr 5,8 Prozent übertroffen, wobei vor allem der Inlands-Tourismus anstieg.
Zahlreiche Produkte buhlen um die Aufmerksamkeit der Gäste – vom klassischen Budget- oder Midscale-Hotel über Upscale-Produkte bis hin zu Longstay- oder Serviced-Apartments; es gibt eine riesige Vielfalt an unterschiedlichsten Konzepten mit den jeweils unterschiedlichsten Gästegruppen.
Eine Nische bei den Produkten blieb jedoch lange unbemerkt bzw. lag nicht im Fokus der Developer und Betreiber: Hostels. Noch ist die Professionalisierung nicht sehr hoch, wenige bekannte Marktteilnehmer wie A&O haben sich auf dieses Segment fokussiert. Was macht die Produktklasse für Betreiber, aber auch für Investoren interessant?
Der Hotelmarkt ist derzeit von einem limitierten Angebot bestimmt, da die Zahl der Neubauprojekte aufgrund der Zinsentwicklung sowie des Anstiegs der Baukosten und Miet- bzw. Pachtansätze rückläufig ist. Sind im Vorfeld nicht Finanzierung und Exit-Partner gesichert, ist das Risiko für die meisten Developer zu hoch. Ein Ausweichen auf leerstehende Bestands- oder Konversionsobjekte scheint aus Sicht der Betreiber die Lösung. Vor allem größere, oftmals innerstädtisch gut gelegene Büroimmobilien bieten sich daher für eine Umnutzung an. Hier kann die Stunde des Hostels schlagen, da die Flächenanforderungen im Vergleich zu einer klassischen Hotelnutzung oftmals leichter zu erfüllen sind.
Abb.: Hostel in Münster H.ostels | © H-Hotels.com
Einen Eindruck, wie neue Ansätze in der Praxis umgesetzt werden können, gibt Patricia Orlik von H-Hotels.com, welche ein neues Hostel-Konzept launchen: H-Hotels.com: H.ostels unter dem Motto „Urban, stylisch & unkompliziert“
„Unsere Idee: günstige, und doch hochwertige Unterkünfte speziell für junge Reisende, Backpacker, Gruppen und Familie, die Städte und Metropolen entdecken wollen. Durch zentrale Lagen mitten in der Stadt sind viele der Sehenswürdigkeiten und Attraktionen fußläufig erreichbar. Bei der Auswahl unserer Hostels achten wir zudem auf eine bequeme Anreise mit dem öffentlichen Nahverkehr.
Das Design der Hostels lässt sich am besten mit den Worten urban, stylish und unkompliziert beschreiben. Die Zimmer sind gut durchdacht, kommen lässig daher und passen sich den Bedürfnissen ihrer Gäste ganz natürlich an. Alle Zimmer sind klimatisiert und verfügen über Highspeed-Internet. Es gibt sowohl Doppelzimmer und 4-Bett-Zimmer mit privatem Bad, als auch Mehrbettzimmer mit bis zu acht Betten mit Gemeinschaftsbädern. Zentraler Treffpunkt ist die Lounge, ein großzügiger Aufenthaltsbereich mit Sitzgelegenheiten und der Rezeption. Für den kleinen Hunger oder Durst stehen in der Lounge Snack-Automaten zur Verfügung.
Unsere Anforderungen: große Stadtzentren, Universitätsstädte in urbaner Lage mit einem sehr gutem öffentlichen Verkehrsanschluss oder in direkter Innenstadtlage. Neubau flexibel ab 2 500 qm oder Umnutzung von Büro- oder Einzelhandelsflächen auch in Mixed-Use-Konzepte.“
Gerade bei größeren Projekten (sei es eine Konversion im Bestand oder eine neue Quartiersentwicklung) ist eine
Risikostreuung bei den Nutzungsarten mittlerweile unabdingbar. Dies kann so gestaltet sein, dass alle Nutzungsarten voneinander profitieren – Klassiker hierbei sind z. B. Lebensmitteleinzelhändler in den Erdgeschosslagen, Café oder eine Bar auf dem Dach. Doch auch
unterschiedliche Hospitality-Konzepte können eine Art der Risikostreuung darstellen. Um keine absolut zu große Ticketgröße einer Hospitality-Art zu schaffen, bieten sich nicht konkurrierende Produkte an. Bisher haben sich „klassische“ Double-Brands mit einem Produkt im Upscale- und Midscale-Bereich angeboten. Doch warum nicht – sofern die Projektgröße dies möglich macht – drei Produkte an einem Standort anbieten, welche verschiedene Gästegruppen fokussieren? Denkbar wären z. B. ein „klassisches“ Hotel, Longstay und als weitere Ergänzung ein Hostel. Um dem Risiko eines einzigen Betreibers zu begegnen, kann im genannten Beispiel auf zwei unterschiedliche Betreiber ausgewichen werden, wobei einer der Betreiber zwei Produkte abdecken könnte.
In der Vergangenheit hatten es Hostels bei der Konzeptionierung von Projekten imagetechnisch tendenziell etwas schwerer als klassische Hospitality-Konzepte. Die Investoren sehen viele Dinge jedoch pragmatisch: Intensiv betrachtet wird der Cashflow, der Risiko-/Renditeaspekt und ob das Produkt zum Standort passt (sowohl was absolute Objektgröße als auch die Zimmergrößen angeht), ergo eine gute Drittverwendungsfähigkeit gegeben ist.
Hierzu nochmals Patricia Orlik:
„Bei einer Hostelbetreibung stehen Zimmergröße und Zimmerausstattung weniger im Fokus des Gastes als der reine Nutzen. Ein Hostelgast möchte lediglich ein Bett mieten und die dazu gebotenen Annehmlichkeiten und das angebotene Entertainment genießen. Die zentrale Lage spielt dabei auch eine entscheidende Rolle sowie eine perfekt ausgebaute Infrastruktur, welche besonders durch Mixed-Use-Konzepte begünstigt werden. So kann der Gast sich Reisekosten für den öffentlichen Verkehr sparen und diese für einen möglicherweise kleineren Schlafsaal nutzen. Dies hat zur Folge, dass man in einem 4-Bettzimmer pro Bett z. B. in Berlin in guter Lage zwischen 35-45 € bezahlt und damit bei voller Zimmerauslastung eine Zimmerrate über 170 € erreichen kann, was im Vergleich zu einem Economy-Produkt in ähnlicher Lage fast doppelt so hoch wäre. Zudem sind die Kosten für Reinigung und Personal viel geringer.
Die niedrigeren FF&E-Kosten wirken sich zudem dämpfend auf die Gesamtkalkulation bei der Errichtung aus.“
Autor: Oliver Kaiser | August 2023
*Quelle: destatis.com