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WIR LIEBEN HOTEL.

QUO VADIS HOTELIMMOBILIENMARKT?

WIE ZINSANSTIEG, GALOPPIERENDE BAUPREISE UND ESG-ERFORDERNIS DIE DYNAMIK AUSBREMSEN.  


Kaum, dass nach 2 schwierigen Pandemiejahren erste Erholungsstreifen am Horizont auch im Hinblick auf das ansteigende Hoteltransaktionsvolumen (2021: knapp 2,5 Mrd. €) erkennbar waren, sieht sich das aufkeimende Konjunktur- und Stimmungsbild auch durch die nicht bezifferbaren Folgen des Ukraine-Konflikts bedroht. Aus vielen persönlichen Gesprächen mit relevanten Marktteilnehmern, zuletzt bei der IHIF in Berlin, haben wir versucht, ein mögliches Szenario für die kommenden 12 Monate zu skizzieren.

 

FINANZIERUNGSRISIKO BLEIBT HOCH, PREISGLEITKLAUSELN IN KAUFVERTRÄGEN SCHWER DURCHSETZBAR

 

Es zeigt sich, dass das bei Banken höher eingeschätzte Finanzierungsrisiko bei hotelgenutzten Immobilien, auch bei Mixed-use-Gebäuden, noch nicht vom Tisch ist. Andreas Weishaupt, Geschäftsführer des Projektentwicklers WRV, kann dies bestätigen: „Finanzierende Banken waren vom Thema Hotel in den letzten beiden Jahren nicht begeistert und reagierten mit überhöhten Zinskonditionen. Dies führte dazu, dass sich Projekte mit dieser Nutzung oftmals nicht mehr rechneten und entweder gar nicht oder mit einer anderen Nutzungsart weiterverfolgt wurden.“ Projektrealisierungen sind derzeit vor allem aber durch unkalkulierbare Baukosten und fehlende Materialien in Folge schwacher Lieferketten gefährdet. Developer erleben plötzlich einen nie gekannten Stillstand auf ihren Baustellen. „Wir versuchen, wenn möglich, die Unwägbarkeiten bei den Preisen mittels Festpreisen in unseren Verträgen mit Unternehmen abzubilden. Durch den Fachkräftemangel und die hohe Auslastung der Unternehmen mit Aufträgen ist dies jedoch schwierig, da im Zweifelsfall der Auftrag schlicht ohne Preisgleitklausel nicht angenommen wird“, so Weishaupt. Im Ergebnis sind belastbare Kalkulationen erschwert oder gar unmöglich. Dies insbesondere mit Blick darauf, dass wiederum potenzielle Erwerber eben nicht bereit sind, Preisgleitklauseln in Kaufverträgen zu akzeptieren.

 

ESG-PRODUKTE ERFORDERN PREISZUGESTÄNDNISSE VON MIETER UND KÄUFER 


ESG ist das Gebot der Stunde für Entwickler ebenso wie für institutionelle Investoren und zertifizierte Neubauten werden zur neuen Norm. Der höhere Planungsaufwand, die Materialauswahl und der Zertifizierungsprozess treiben den Preis bei der Errichtung deutlich nach oben. Hinzu kommen die gestiegenen Grundstückspreise. Doch wie wir aus Gesprächen mit Mietern und Betreibern erfahren, ist bislang tendenziell keine Bereitschaft für eine höhere Mietzahlung für besonders energieeffiziente oder ESG-konforme Projekte gegeben. Weishaupt, dessen Neubauobjekte alle nach DGNB Gold-Standard zertifiziert sind, bestätigt uns das Marktverhalten. Für Projektentwickler geht es unter den aktuellen Rahmenbedingungen vor allem darum die Objekte wertig und marktkonform zu planen um eine Realisierung überhaupt umsetzen zu können.   Aus zahlreichen Gesprächen mit Investoren erfahren wir auch, dass die Zertifizierung zwar einen immer wichtigeren Anteil an der Ankaufsentscheidung eines Projektes hat. Vor allem institutionelle Investoren verfolgen marktgängige Produkte ohne Zertifizierung in der Regel nachrangig oder gar nicht mehr. Dies geht jedoch nicht zwangsläufig mit der Akzeptanz höherer Ankaufspreise bzw. niedriger Rendite einher. 

 

GLOBALES KAPITAL SUCHT TROTZ ZINSANSTIEG INFLATIONSGETRIEBEN WEITER NACH ANLAGECHANCEN


Die Fed ist vorangegangen (0,75% per 05.05.22) und die EZB wird im Laufe des Jahres den Leitzins zur Eindämmung der Inflation ebenfalls anheben. Kredite und Investitionen verteuern sich somit. Bei der vorherrschenden Geldpolitik der EZB verbleibt immer noch eine hohe Menge Liquidität im Markt und muss angelegt werden. Immobilien spielen weiterhin eine wichtige Rolle, da sie als krisensichere Kapitalanlage gelten und vor allem institutionelle Investoren in der Auswahl ihrer Anlagemöglichkeiten beschränkt sind.


ZUNEHMENDE NACHFRAGE TRIFFT AUF GERINGERES ANGEBOT, KEINE RENDITEABSCHLÄGE BEI ESG-KONFORMEN PRODUKTEN

 

Derzeit beobachten wir mehrere Entwicklungen im Hotelinvestmentmarkt, welche sich teilweise wechselseitig verstärken oder aufheben:


  • Zinserhöhungen führen einerseits dazu, dass Alternativinvestments in Anleihen etc. wieder attraktiver werden, was zu einem Nachfragerückgang bei Immobilien führen könnte. Gleichzeitig wirken steigende Zinsen kostentreibend – knapp kalkulierte Projekte können möglicherweise nicht mehr realisiert werden. Daraus folgend reduziert sich das Angebot.
  • Eine weiter andauernde Finanzierungszurückhaltung von Banken etc. führt dazu, dass Projektentwickler weniger Produkte realisieren und im Markt platzieren können. Insbesondere unter Berücksichtigung der langen Vorlaufzeiten bei Projektentwicklungen wird dies angebotsdämpfend wirken.
  • Die institutionellen Investoren werden sich mit ihrer Anlagestrategie noch stärker auf die Nachhaltigkeits-Anforderungen bzw. ESG-Faktoren fokussieren, um das Kapitalanlagerisiko zu minimieren. Die Portfolioumschichtungen und Neuankäufe führen bei qualitativ entsprechenden (z. B. zertifizierten) Objekten zu einer Nachfrageerhöhung mit dem Ergebnis steigender Preise. Anzumerken ist, dass nach unseren Beobachtungen Investoren momentan unverändert nicht zu Renditeabschlägen bei Erfüllung der vorgenannten Kriterien bereit sind.
  • Bei Bestandsobjekten wiederum ist im Einzelfall zu prüfen, ob diese mit geeigneten Maßnahmen ertüchtigt werden können und damit im Markt ebenfalls bei den vorgenannten Investorengruppen platzierbar sind. Sofern diese Objekte nicht ertüchtigt werden können (obwohl Vermietung und Nutzung stabil sind), werden diese nicht dem Investmentmarkt zugeführt: Eigentümer sind nicht bereit, für stabile, funktionierende Objekte beim Verkauf einen Discount zu akzeptieren. In der Summe führt auch dies zu einer Verknappung adäquater Produkte.

 

All die vorgenannten Trends und Entwicklungen sind unseres Erachtens nicht geeignet, generell wesentliche Renditesteigerungen zu erzielen bzw. wirken nicht oder nur eingeschränkt preisreduzierend. Insbesondere bei Neubauprojekten mit entsprechender Zertifizierung sehen wir eine klare Tendenz zu teilweise deutlichen Preissteigerungen bzw. Renditeabschlägen. Hier besteht kurz- und mittelfristig ein deutlicher Nachfrageüberhang, welcher ganz klar regulatorisch verursacht und damit für die Investoren unausweichlich ist. Werden entsprechende Projektentwicklungen jetzt angestoßen, stehen diese zum passenden Zeitpunkt dem Markt zur Verfügung und können zu entsprechenden Preisen platziert werden.

Autor: Oliver Kaiser | Mai 2022

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