K22 BLOG:
WIR LIEBEN HOTEL.

PRIVATHOTELLERIE VOR DEM AUS?

DIE HERAUSFORDERUNGEN UND CHANCEN KLEINER, PRIVATER HOTELBETRIEBE.  


Oftmals in sehr guter innerstädtischer Lage, lange im Familienbesitz und meist mit verhältnismäßig wenigen Zimmern – unabhängige, inhabergeführte Beherbergungsbetriebe ohne Markenbindung. Doch was, wenn sich kein Nachfolger in der Familie findet, um das Haus weiterzuführen? Wenn die Zimmergestaltung nicht mehr ganz zeitgemäß ist und sich die CAPEX-Themen langsam aufstauen? Auch die Corona-Pandemie hat viele Betreiber bzw. Owner/Operator an ihre Grenzen gebracht bzw. die Versäumnisse verstärkt.


Vermehrt wurden wir in der jüngeren Vergangenheit mit der Frage konfrontiert, was mit genau diesen Betrieben passieren wird. Vorweg: In Deutschland verfügt die Markenhotellerie nach Häusern über einen Marktanteil von rd. 13 Prozent - nach Anzahl der Zimmer über einen Marktanteil von rd. 44 Prozent. Dies lässt auf größere Betriebsgrößen der Markenhotellerie im Vergleich zu unabhängig geführten Hotelbetrieben schließen.


Das Beispiel des Kölner Hotelmarktes verdeutlicht diese Entwicklung bzw. Relation. 


Mehr als zwei Drittel (68 Prozent) der Kölner Betriebe haben bis zu 100 Zimmern und damit eine operative Größe, die für die klassische Kettenhotellerie meist als ineffizient gilt.



DIE MEHRZAHL DER HÄUSER IST UNABHÄNGIG GEFÜHRT - DIE MEHRZAHL DER ZIMMER JEDOCH GEBRANDED


Der Großteil der Zimmer wird von Markenbetrieben zur Verfügung gestellt. Besonders deutlich werden die kleineren Betriebsgrößen, wenn wir uns die detaillierte Aufschlüsselung ansehen. Mehr als 60% der Häuser in Köln sind unabhängig geführt, machen jedoch "nur" knapp unter 30% der Zimmerkapazität aus. Häuser mit weniger als 40 Zimmern sind dabei zu mehr als 90 Prozent unabhängig geführt,  Häuser mit 40 - 70 Zimmern zu rd. 80 Prozent. 


In der jüngeren Vergangenheit haben wir vermehrt beobachtet, dass eben diese Objekte betreiberfrei als Investment auf den Markt gekommen sind. Lassen sich diese Betriebe überhaupt noch wirtschaftlich betreiben, kann man in solche Objekte investieren?


WIE STELLT SICH DIE WETTBEWERBSPOSITION KLEINERER BETRIEBE DAR?


Klar ist, dass sich der Hotelmarkt (sowohl das Angebot als auch die Nachfrage) in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat. Neue, standardisierte Konzepte sind auf den Markt gekommen, welche oftmals „from the scratch“ neu geplant wurden und auf maximale Effizienz ausgerichtet sind. Dieser Effizienzgedanke erstreckt sich dabei z. B. von Laufwegen für das Personal über die gemeinsame Bedienung von z. B. Bar / Rezeption über „reduced to the max“ Zimmer(größen). Auch Ausstattungstechnisch sind (vor allem die größeren) Marken versucht, immer am Puls der Zeit zu bleiben – turnusmäßig werden neue Brand Designs gestaltet, welche bei neuen Produkten der Marke und z. T. auch bei Bestandshäusern umgesetzt werden. Größere Betriebe können sowohl im Investment als auch bei den laufenden Kosten Skaleneffekte realisieren und davon profitieren. 


Kleinere Privatbetriebe profitieren oftmals nicht von einer großen Unternehmensstruktur, aus welcher solche Maßnahmen bezahlt werden können. Ebenso sind die Gebäudestrukturen meist historisch gewachsen – Wohn- oder Bürogebäude wurden zum Beherbergungsbetrieb konvertiert, An- oder Umbauten wurden im Laufe der Zeit vorgenommen, was in nicht optimaler Flächennutzung resultierte. Häufig konnten Maßnahmen wie z. B. das Investment in neues, den aktuellen Trends entsprechendes FF&E aus Kostengründen nicht umgesetzt werden. Buchungen werden klassisch über die eigene Website (wenn vorhanden), telefonisch oder über OTAs wie booking.com, hrs.de o.ä. durchgeführt, was verhältnismäßig hohe Kosten verursacht. Auf eine starke Buchungsmaschine wie oft bei Markenprodukten kann meist nicht zurückgegriffen werden. 

Stärkster Pluspunkt der kleineren Privatbetriebe ist mehrheitlich eine hervorragende innerstädtische Lage, welche nicht zu reproduzieren ist und in welcher vermutlich heutzutage keine Beherbergungsnutzung mehr genehmigt werden würde. Diese Betriebe sind oftmals inhabergeführt und werden dementsprechend mit hohem persönlichen Aufwand geführt, sowohl was Betrieb als auch Verwaltung der Immobilie betrifft. Verbunden mit den oben beschriebenen Herausforderungen und Einflüssen zeichnete sich in den vergangenen Jahren das Problem ab, dass häufig keine adäquate Nachfolgeregelung z. B. innerhalb der Familie gefunden wurde. Nötige Investments in die Immobilie konnten oder wollten nicht mehr vorgenommen werden – die Folge: immer öfter kommen solche Objekte betreiberfrei auf den Markt. 

HANDELN IST ERFORDERLICH – UND MANCHMAL AUCH EINE NUTZUNGSÄNDERUNG

Grundsätzlich gelten die gleichen Anforderungen wie an jede andere Hotelimmobilie auch – die Lage bzw. die gute Anbindung ist das A und O. Unseres Erachtens gibt es verschiedene Optionen, was mit solchen Häusern passieren kann:


  1. Individualität ist Trumpf: Weiternutzung als individueller Boutiquebetrieb
    Wenn möglich, sollte die Gebäudestruktur optimiert und in das FF&E investiert werden. Zimmergrößen müssten angepasst, Wege und Flächen optimiert (geringe öffentliche Flächen), zeitgemäßes, modernes FF&E (inkl. Bäder) und z. B. die Möglichkeiten eines digitalen Self-Check-Ins geschaffen werden. Achtung: bei groben Eingriffen in die Gebäudestruktur verfällt meist der Bestandsschutz und z. B. ein Brandschutznachweis nach aktuellen Bedingungen muss erbracht werden. Das Investment in das Gebäude ist vergleichsweise hoch, jedoch kann ein individueller, nicht ohne weiteres mit z. B. standardisierten Markenprodukten vergleichbarer Betrieb geschaffen werden. Dies folgt dem Bedürfnis vieler Gäste nach Individualität, nach einem besonderen Erlebnis und Ambiente.
    Bei dieser Option besteht die Möglichkeit, ein modernes und effizientes Produkt in einer hervorragenden Lage zu schaffen. Wir sehen hier am Ende des Prozesses hochwertige Boutique-Produkte, welche absolut individuell sind. Wenn die Gebäudestruktur Platz lässt, kann Frühstück angeboten werden, bei einer optimalen Lage kann, wenn der Platz nicht ausreicht, auch auf das Frühstücksangebot verzichtet werden. Ggf. kann die Aufnahme in einen Markenverbund verfolgt werden. Die Ratenstruktur kann demzufolge auch entsprechend gestaltet werden.
    Um die Größennachteile gegenüber Markenprodukten auszugleichen, ist eine konsequente Digitalisierung möglichst vieler Prozesse interner betrieblicher Prozesse Pflicht!
  2. Lean ist modern: Weiternutzung als reduziertes Haus
    Eine andere Möglichkeit wäre, dass Haus in den Grundrissen und öffentlichen Bereichen nur minimal anzupassen. Die Zimmer, Bäder und öffentliche Bereiche können ein Oberflächen-Refurbishment und neues FF&E (Bad nur Soft-Refurbishment) erhalten. Wird jeder Raum unter einem „lean“-Ansatz mit individuellen Elementen eingerichtet, führt dies zu einem neuen, ansprechenden Look mittels eines verhältnismäßig überschaubaren Investments.
    Auch wenn die Grundrisse nicht grundsätzlich optimiert wurden, kann über die (optische) Neugestaltung ein ansprechendes Produkt in einer hervorragenden Lage geschaffen werden. Ggf. muss sich dieses Produkt den Vergleich mit anderen Häusern, welche ähnlich eingerichtet sind, gefallen lasse. Auch hier gilt: Digitalisierung ist Pflicht - zu den betrieblichen Prozessen sollte bei dieser Herangehensweise auch die Möglichkeit eines digitalen Self-Check-In geschaffen werden. Nur so ist eine wettbewerbsfähige Kosten- und schlussendlich Ratenstruktur umzusetzen.
  3. Umnutzung: Innerstädtische Wohnungen sind immer gefragt
    Kleinere Hotelbetriebe liegen häufig in gewachsenen Vierteln mit überwiegender Wohnnutzung bzw. urbaner Mischnutzung. Sofern es die Gebäudestruktur zulässt und der für den Weiterbetrieb als Hotel notwendige Capex- Bedarf plus Umbau/ Neuausstattung  wirtschaftlich nicht darstellbar ist, kann die (teilweise) Umwandlung zur Wohnnutzung sinnvoll sein. Dies erfordert allerdings ebenfalls einen intensiven Planungsprozess mit entsprechendem Aufwand. Zudem muss die Zeit, welche bis zur Genehmigung der Nutzungsänderung vergeht, gut eingeplant werden. In innerstädtischen Lagen ist allerdings das Interesse der Städte hoch, neuen Wohnraum zu schaffen – ein solcher Prozess wird daher vermutlich wohlwollend betrachtet werden.


FAZIT: EINE VERGLEICHSANALYSE SCHAFFT ENTSCHEIDUNGSSICHERHEIT


Der Kölner Hotelmarkt zeigt, dass es eine hinreichend große Zahl an kleineren, privat geführten Betrieben ohne Markenbindung gibt. Auch für diese Häuser gibt es sehr gute Lösungen, um sie dem Markt zu erhalten. Die Betriebe sind dann wettbewerbsfähig, wenn sie sich auf Individualität fokussieren, von großen Markenbetrieben unterscheidbar sind, ohne qualitative Einschränkungen vom Gast zu fordern. Zudem sind zwingend alle Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen. 


Um als Eigentümer eine solche Immobilie weiter im Bestand zu halten, ermöglichen die oben genannten Szenarien adäquate Lösungen - diese sind jedoch nahezu immer mit teils erheblichen Investments in die Immobilie verbunden. Eine vergleichende Analyse zeigt dabei auf, welches die beste Option darstellt. Schließlich bleibt als Ausweg immer noch die Veräußerung, wobei die Verkaufspreis-Vorstellungen realistisch bleiben müssen (Qualität der Immobilie, CAPEX etc.). Der vor allem im Bereich Wohnimmobilien unverändert gute Markt spielt Verkäufern dabei durchaus in die Hände. 


Quelle: Buchungsportale, eigene Datenbank und Recherche | K:22 Research

Autoren: Detlef Kaiser, Oliver Kaiser | Juni 2022

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